Bild 1: Herausheben des Brückenmittelteils
Die Fußgängerbrücke über die Bundesautobahn A10 bei Michendorf, welche einmal die Fußgängerbrücke bei der Gaststätte Fischhaus nahe des damaligen Bad Kösener Ortsteils Schulpforte werden sollte, war erst kurz vor dem Abriss einer Verjüngungskur unterzogen worden. War es fehlende Voraussicht oder waren die 90er Jahre des 20. Jahrhunderts zu turbulent? Der Abriss machte sich erforderlich, nachdem eine Verbreiterung der Richtungsfahrbahnen des Berliner Rings im Michendorfer Bereich um je eine Fahrspur beschlossene Sache geworden war. Des Weiteren war die Querung der Autobahn gegenüber dem Bedarf in früheren Jahrzehnten nicht mehr notwendig. Die Bilder 1 und 2 zeigen Szenen der Brückendemontage. Wenngleich die Fotos bereits durch die Zeit geprägt sind, zeigen sie doch anschaulich, wie die Brücke über die BAB A10 einst aussah.
Bild 2: "... wer knuspert an meinem Häuschen Mittelpfeiler?"
Der Abriss wurde durch das Brandenburgische Autobahnamt am 24. November 1996 veranlasst. Neben der Demontage der Stahlteile des Überbaus galt es auch den Betonsockel der im Mittelstreifen verankerten Pendelstütze zu zerkleinern. Zum Schutz der Pendelstütze gegen die Wucht eines aufprallenden Fahrzeugs war nach 1990 ein massiver Anprallschutz vorgenommen worden.
Kaum war eines der drei Teile, in welche die Brücke zerlegt wurde, vom Bauwerk abgetrennt, hob es der Kran sogleich auf die bereitstehenden Tieflader des Naumburger Unternehmens G & J Betzitza Schwertransporte OHG.
Die Fahrt führte den Transport vom Berliner Ring, der BAB A10, über die BAB A9 bis zur Abfahrt Naumburg/Osterfeld und dann über die B180 durch Naumburg nach Schulpforte. Dort wurden die Teile erst einmal, wie im Bild 3 zu sehen ist, zwischengelagert. Es war noch nicht klar, wie und wann die Brücke errichtet werden soll. Damit die Transporter so nahe wie möglich an das Saaleufer heranfahren konnten, hatte das Kalkwerk in Bad Kösen 100 t Schotter, den Transport und einen Kran gespendet. Wohl keiner der in den Folgemonaten an den Brückenteilen vorübergehenden oder fahrenden Erholungsuchenden ahnte, wie überzeugt der Initiator des Brückenprojekts, Herr Dr. Heimbürge, von der kommenden Realisierung seiner Idee war und welches persönliches Risiko er mit seiner Bürgschaftserklärung eingegangen war. Wenn das mit dem Antrag auf Fördermittel nicht erfolgreich gewesen wäre ...
Das Projekt der Saalequerung mithilfe einer Fußgängerbrücke wurde im Sommer 1997 als zwei Lose ausgeschrieben. Los 1 hatte zum Ziel, die erforderlichen Unterbauten der Brücke zu erbauen, Los 2 realisierte die Brückenteile/Stahlbauteile zur fertigen Brücke.
Der Beginn der Arbeiten für Los 1 erfolgte am 27.11.1997. Das regelmäßig geführte Bautagebuch hielt sowohl die eigentlichen Bauschritte fest, beschreibt aber auch die Rahmenbedingungen des Baues wie Temperaturen (Frostgefahr) und insbesondere die schwankenden Wasserstände des Flusses.
Die Seiten des Bautagebuches enthalten u.a. folgende Einträge:
- Vermessungsarbeiten per 8. Dezember 1997,
- Baustelleneinrichtung per 10. Dezember 1997,
- Mutterbodenaufnahme vom 11. bis zum 12. Dezember 1997,
- Herstellen der Zufahrtswege und die Befestigung mit Kalkschotter vom 15. bis 16. Dezember 1997,
- Tiefenbohrung für die Pfahlgründung vom 13. bis 15. Januar 1998,
- Herstellen des Zufahrtsweges für das Schwergerät am Bahnübergang der DB-Strecke Naumburg - Bad Kösen am 19. Januar 1998,
- Tiefenbohrung an der Fischhaus-Seite am 21. Januar 1998,
- Bewehrung und Betonierung der Bohrpfahlgründung am 30. Januar 1998,
- Herstellen der Widerlagerfundamente und der Auflagerköpfe auf dem Widerlagerbeton ab dem 30. Januar 1998.
Die Arbeiten an den Widerlagern dauerten bis Mai 1998, weil die Saale in jenem Frühjahr außergewöhnlich lange Hochwasser führte.
Während der Herstellung der Bohrungen, dem Einbringen der Bewehrungskörbe und des Schüttens des Betons erfolgten Prüfungen und Abnahmen. So am 20. und am 21. Januar 1998.
Bild 4: Bohren für einen Pfahl des nördlichen Widerlagers
Innerhalb der Widerlager an beiden Seiten der Saale gehen senkrechte Bohrungen bis auf den gewachsenen Kalksteinfels. Sechs Bohrpfähle sowie zwei zur Abstützung der Schrägstiele enthält jedes der beiden Widerlager rechts und links der Saale. Die 8 bis 9 m langen Bohrpfähle haben einen Durchmesser von 800 mm. Eine solch massive Gründung war wegen des wenig tragfähigen Bodens gewählt worden. Die Baugrunduntersuchungen hatten ergeben:
- Von 0 - 2,5 m Tiefe besteht der Untergrund aus Schotter bzw. ausgefüllten Massen,
- von 2,5 - 4,5 m Tiefe aus Flusskies und
- von 4,5 - 10,1 m aus Röt/Tonstein, der stark mürbe ist.
Der Entwurf der Ausschreibungsunterlagen wurde durch die Berliner Niederlassung des Unternehmens VIC Verkehrs- und Ingenieurbau Consult GmbH erstellt. Ebenfalls die Tragwerksplanung.
Die Baugrund Naumburg Ingenieurgesellschaft mbH erstellte zum 22. August 1997 das Baugrundgutachten. In diesem Schriftsatz findet sich auch eine Kurzbeschreibung der Michendorfer Brücke.
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Bild 5: Mit fortschreitender Bohrtiefe wurde das Bohrloch durch eine Hülse gesichert. Das Bild zeigt einen der eingesetzten Bohrer.
Der Wasserstand der Saale kann insbesondere im Frühjahr bei einsetzender Schneeschmelze im Quell- und Durchflussgebiet einen außerordentlich hohen Stand erreichen. Gefordert war deshalb seitens des Gesetzgebers, dass die Unterkante der Brücke mindestens 100 cm über dem Höchsthochwasser der Saale zu sein hat. Wie hoch ein solches sein kann, ist deutlich an den am Fischhausgebäude angebrachten Markierungen vergangener Hochwasserstände ablesbar. Dem Wunsch der Beteiligten, die Treppen mit weniger Stufen zu bauen, konnte deshalb nicht entsprochen werden.
Die im Folgenden genannten Datumsangaben nennen das der fotografischen Aufnahmen. Diese sind selten identisch mit dem Datum, an welchem der Arbeitsgang erfolgte.
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